[BWL] [OR] OR-Praktikum

Alle Anwendungsfächer des Masterstudiengangs (Abkürzungen)

[OR] OR-Praktikum

Beitragvon Marco » 26.01.09 10:41

Hallo zusammen,

ich hätte zwei Frage an all diejenigen, die das OR-Praktikum bei Prof. Sebastian bereits absolviert haben:

1. Mit welchen Zeitaufwand darf man ungefähr rechnen für das Praktium? Ich hatte mit Prof. Sebastian gesprochen, und er sagte, dass ich so mit einem von den vier Semester-Monaten rechnen sollte - allerdings über das Semester verteilt. (Was soll man sich jetzt darunter vorstellen? :roll:)

Das Praktikum ist wohl auf 8 ECTS (?, auf jeden Fall diese Bachlor-Punkte ;-)) angesetzt, das würden ja 8 x 30 = 240 Stunden und damit ca. 240 / 12 = 20 Wochenstunden bedeuten. Kommt das so hin?

2. Da in jedem Team auch ein Informatiker sein soll, stellt sich mir die Frage: Was habe ich denn als Informatiker bei dem zu behandelnden Projekt konkret zu erwarten? Ist das eher eine "Ideen-gebende" Aufgabe oder soll man wirklich die Lösungsalgorithmen implementieren, sodass dann das Projekt der Gruppe ordentlich gelöst wird?

Wie sind eure Erfahrungen?

Grüße
Marco
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Beitragvon Coolcat » 26.01.09 13:29

Da ich das Praktikum auch im nächsten Semester machen will, bin ich ebenfalls an einer Antwort auf obige Frage interessiert :)

Also so wie ich das verstanden habe sollte da im Idealfall je ein Informatiker, Mathematiker, ein Wing, ein BWLer und ein OR-Zusatz zusammenarbeiten. Ich denke mal Informatiker und Mathematiker sollen die Lösung implementieren, der BWLer zur Kommunikation mit dem Unternehmen, der Wing zur Kommunikation zwischen BWLer und Informatiker/Mathematiker und der OR-Zusatz darf Kaffee kochen? :shock:

Also 20 Wochenstunden fänd ich schon leicht übertrieben...ich mein man soll ja nebenbei noch was anderes machen...

Wäre wirklich mal interessant von jemandem zu hören der das schon gemacht hat :)
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Beitragvon JMB » 07.10.09 12:28

Hallo zusammen,

hat mittlerweile jemand an dem OR-Praktikum bei Prof. Sebastian teilgenommen und kann hier seine Erfahrungen mit uns teilen und ein bisschen davon berichten.

Vielen Dank und schöne Grüße
JMB
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Beitragvon Coolcat » 07.10.09 15:03

Also du arbeitest ein einer Gruppe von 5-6 Studierenden aus anderen Fachrichtungen zusammen. In meinem Fall waren das zwei Wings, eine Mathematikerin und ein Informatiker sowie mir selbst (ebenfalls Informatik).

In dieser Gruppe wird eine reale Aufgabenstellung aus einem Unternehmen bearbeitet. Da es sich um den "Deutsche Post Lehrstuhl" handelt, kannst du davon ausgehen, dass es sich bei dem Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Post handeln wird ;)

Es gibt einen Ansprechpartner am Lehrstuhl und einen Ansprechpartner im Unternehmen. Mit dem Betreuer vom Lehrstuhl haben wir uns wöchentlich getroffen.

Reale Aufgabenstellung heißt man muss sich erstmal die ganzen Fachbegriffe und Abkürzungen der Post aneignen. Zudem ist sowas natürlich ziemlich unscharf formuliert. Wir wurden daher direkt am Anfang erstmal in die Konzernzentrale in Bonn eingeladen um die Aufgabestellung in einem Meeting zu klären. In unserem Fall war dem Unternehmen aber leider zumindest am Anfang nicht wirklich klar was eigentlich als Ergebnis gewünscht war....

Unsere Aufgabe war die Modellierung der Transportkosten im sogenannten Nachlauf der Paketdistribution. Also der Transport von den 33 Paketzentren in Deutschland zu den 211 Zustellbasen. Wir haben uns dabei insbesondere auf die Region Mainz/Wiesbaden konzentriert und dort reale Daten (Paketmengen, Geokoordinaten, Zeitfenster, verfügbare Fahrzeuge, verschiedene Beladetechniken, ....) bekommen. Wir haben ein mathematisches Modell konstruiert und auch eine Software geschrieben die dieses Modell lösen kann.
Am Ende sollten die realen Kosten möglichst gut angenähert werden um eine Basis für eine Optimierung zu haben. (das Problem ist halt das du nie alle Restriktionen in so ein Modell bekommst, insbesondere wenn die entsprechenden Daten gar nicht existieren)
Letztlich hatten wir eine Variante des Vehicle Routing Problems (VRP) die wir mit einem (eigenen) randomisierten Ansatz gelöst haben.

Natürlich muss man eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben, daher gehe ich hier nicht weiter ins Detail. ;)

Fazit:
  • viel Arbeit
  • ja, wirklich viel Arbeit. Ich habe nebenbei noch das CG-Praktikum gemacht. Eine Vorlesung hören war zeitlich nicht mehr möglich. Wirklich 4 Tage die Woche das eine Praktikum, 3 Tage das andere....
  • Unsere Ausarbeitung von 77 Seiten hat wahrscheinlich etwa ein Drittel der Zeit verschlungen. Ein weiteres Drittel die drei Präsentationen im Laufe des Praktikums.
  • die größte Schwierigkeit liegt darin die Aufgaben entsprechend den Fähigkeiten sinnvoll auf die Gruppe zu verteilen.
  • auf von der Post überhaupt die nötigen Daten zu bekommen war ein recht großes Problem.
  • als Informatiker sollte man zuerst dafür sorgen, dass vernünftige Infrastruktur geschaffen wird. Wir haben z.B. einen Mailverteiler und eine Jabber-Gruppe eingerichtet, ein SVN aufgesetzt und den Wings LaTeX beigebracht :P Zudem musst du als Informatiker natürlich programmieren, Daten aufbereiten usw.
  • es ist sinnvoll, wenn du die zugehörigen OR-Vorlesungen gehört hast.
  • es ist definitiv mehr Arbeit als eine Vorlesung, aber eine reale Aufgabe ist natürlich auch spannender.
  • Am Ende lädt der Lehrstuhl zum gemeinsamen Abendessen mit den Firmenvertretern. In unserem Fall im Kasteel Bloemendal in Vaals. :D


Edit: 20 Wochenstunden kommt übrigens hin, wenn das Praktikum gleichmäßig über das Semester verteilt wäre....
Edit2: So ein Praktikum macht sich natürlich auch gut im Lebenslauf.
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Beitragvon JMB » 13.10.09 17:32

Hallo Coolcat,

danke für die ausführlich Antwort, wird sich nicht nur mich freuen.
So ähnlich hatte ich mir das auch vorgestellt.
Ich hatte damals an der Accenture Campus Challenge teilgenommen, hat auf jeden Fall auch sehr viel Spaß gemacht, aber auch einige schlaflose Nächte bereitet. Wobei ich das
als Informatiker sollte man zuerst dafür sorgen, dass vernünftige Infrastruktur geschaffen wird. Wir haben z.B. einen Mailverteiler und eine Jabber-Gruppe eingerichtet, ein SVN aufgesetzt und den Wings LaTeX beigebracht

schon ziemlich hart finde, so etwas sollte doch eigentlich schon vorhanden sein.

Wie sah es denn mit der Bewertung aus? Das Praktikum zählt ja als Klausur.

Grüße
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Beitragvon Lukul » 13.10.09 18:03

Die Bewertung sieht super aus. Sollte es deine letzte Prüfungsleistung sein oder du die Note sonst irgendwie kurz nach Ende des Praktikums brauchen solltest, dann nehm lieber irgendeinen anderen Kurs...
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Beitragvon Coolcat » 13.10.09 20:03

schon ziemlich hart finde, so etwas sollte doch eigentlich schon vorhanden sein.

Ach, sowas ist doch schnell eingerichtet und es ist ein BWL-Lehrstuhl, was erwartest du? Dafür das es sich um BWLer handelt sind die da eigentlich noch ganz gut. Besser selbst machen als wenn ich dann mit einem M$ SourceSafe oder ähnlichem Unfug (*) arbeiten muss. Mailverteiler kannst du hier beantragen.

Wie sah es denn mit der Bewertung aus? Das Praktikum zählt ja als Klausur.

Korrekt, das Praktikum zählt als eine der drei Klausuren. Wie Lukul schon andeutete, wir haben 11 Wochen nach dem Praktikum immer noch keine Note... :roll:


(*) Wikipedia: "Der Client braucht in der Regel eine direkte SMB-Dateifreigabe-Verbindung zum Server, was eine Verwendung von SourceSafe im Internet praktisch verunmöglicht – wofür es jedoch auch nie konzipiert worden ist."
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Beitragvon Marco » 13.10.09 20:38

Ich war in einer anderen (der insgesamt drei) Praktikumsgruppen, kann aber im Wesentlichen Coolcats Resumé nur bestätigen.

Bei uns ging es um die (kosten)optimale Zuordnung der Zustellbasen zu den Paketzentren im Paketdienst der Deutschen Post. Einflussfaktoren waren unter anderem die verschickte Paketmenge von A nach B sowie die Kosten für bestimmte LKW-Typen. Dabei haben wir uns auf die fünf Paketzentren Dorsten, Krefeld, Hagen, Köln und Neuwied (d.h. "unser vertrautes" Gebiet hier um Aachen) beschränkt. Das macht die Sache natürlich einerseits interessanter (da man die Gebiete kennt) und andererseits hat uns dies einen Besuch im Paketzentrum Krefeld ermöglicht.

Die Schwierigkeit dabei ist allerdings, dass man nicht nur einen Ansprechpartner für die Daten hat, die zum Lösen des Problems notwendig sind, sondern gleich fünf. Hierbei ist dann eine frühzeitige (!) Planung notwendig, um alle Daten im richtigen Format rechtzeitig zu bekommen. Das frühzeitige Erfragen aller benötigten Daten ist sowieso anzuraten (sofern machbar), da es nicht umsonst heißt: Große Mühlen mahlen langsam ... ;-)

Desweiteren lernt man, flexibel auf Deadlines zu reagieren. Auch wir haben unser Problem modelliert und eine eigene Implementation des Lösungsalgorithmus (implizite Enumeration) geschrieben. Wenn sich die eigene Implementation allerdings als "nicht so Laufzeit-optimal" herausstellt (aber sie lieferte korrekte Ergebnisse!), kann es schon einmal vorkommen, dass man innerhalb kürzester Zeit noch auf alternative Lösungswege (z.Bsp. fertig geschriebene Solver) zurückgreifen muss. :D

Als eher "enttäuschend" (aber leider unvermeidlich) hat sich herausgestellt, dass man mit der Zeit das Modell so weit vereinfachen muss, dass man hinterher schon selber daran zweifelt, das das Ergebnis noch in irgendeiner Weise aussagekräftig sein wird. Desweiteren hatte die ausschließliche Betrachtung der oben genannten fünf Regionen leider zur Folge, dass das Ergebnis nur für Köln halbwegs aussagekräftig war, da alle anderen Regionen noch andere angrenzende Paketzentren hatten, die wir nicht betrachtet haben. Insofern müsste man eigentlich unser Modell nun auf ganz Deutschland anwenden, was aber natürlich an den fehlenden Daten scheitert ... ;-)

Bei den Angaben zum Zeitaufwand kann ich Coolcat ebenfalls nur zustimmen. Wobei man die Präsentationen und den Endbericht teilweise auch ganz gut auf die BWLer, WIngs oder Mathematiker "abschieben" kann (sofern das Hindernis "Latex" überwunden wurde). :D Der Implementationsaufwand nimmt im Laufe des Praktikums nämlich exponentiell zu.

Gesamtresumé: SEHR empfehlenswert!

JMB hat geschrieben:schon ziemlich hart finde, so etwas sollte doch eigentlich schon vorhanden sein.

Das Praktikum soll ja eine möglichst detailgetreue Abbildung der realen Welt sein. Und dort steht u.U. auch noch kein svn-Server bereit.
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Beitragvon Marco » 10.11.09 20:08

Coolcat hat geschrieben:Wie Lukul schon andeutete, wir haben 11 Wochen nach dem Praktikum immer noch keine Note... :roll:

Für diejenigen, die nicht täglich ins VZPA schauen: Seit ein paar Tagen hat sich dort heimlich, still und leise eine Note eingeschlichen. ;-)
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Re: [OR] OR-Praktikum

Beitragvon aaagul45 » 16.12.14 09:13

Es gibt einen Ansprechpartner am Lehrstuhl und einen Ansprechpartner im Unternehmen. Mit dem Betreuer vom Lehrstuhl haben wir uns wöchentlich getroffen.

Reale Aufgabenstellung heißt man muss sich erstmal die ganzen Fachbegriffe und Abkürzungen der Post aneignen. Zudem ist sowas natürlich ziemlich unscharf formuliert. Wir wurden daher direkt am Anfang erstmal in die Konzernzentrale in Bonn eingeladen um die Aufgabestellung in einem Meeting zu klären. In unserem Fall war dem Unternehmen aber leider zumindest am Anfang nicht wirklich klar was eigentlich als Ergebnis gewünscht war.... ????
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